Kapitel 1

Mit flauem Gefühl im Magen schob Madison die Tür zum Revier auf und klopfte vorsichtig an dem Türrahmen, weil sie schon von weitem die Stimmen der beiden Polizisten hörte, die sich erneut miteinander stritten. Sie waren schon als MacKenzie gefunden hatte ständig aneinander geraten und scheinbar hatte sich auch das jetzt nicht verändert.
"Entschuldigung?", fragte sie in den Raum hinein und schob sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatten, bevor sie die Hände zurück die Tasche ihres Sweatshirts schob. "Ich sollte herkommen."

"Im Moment warte ich darauf, dass Sie wieder zur Vernunft kommen!"

"Zur Vernunft?" Callum lachte bitter und bellend auf. "Ich bin schon immer vernünftig gewesen. SIE sind es die nicht.." er hielt inne, als er aus den Augenwinkelns Madisons Gestalt im Türrahmen sah. "Oh! Miss...." Nachnahme. Nicht Vorname. Nachname. "Crawford! Es freut mich, dass Sie die Zeit gefunden haben!"

"Wenn ich störe, kann ich auch später wiederkommen", teilte Madison mit und runzelte die Stirn, während ihr Blick über den mit Kaffee verdreckten Ärmel des Officers ihr gegenüber wanderte.

"Nein, Madison - komm rein", gab Charlie zur Antwort, ohne Williams Blick loszulassen, um ihren Punkt deutlich zu machen. Dann erst trat sie auf die Jüngere zu. "Danke, dass du kommen konntest."

"Ja, vielen Dank..." erwidete Callum knirschend und warf auch selbst seiner "Partnerin" einen durchgehenden, starren Blick zu. "Wir haben einen ersten Tatverdächtigen hier auf dem Revier und brauchen ihre Hilfe, um ihn im besten Fall zu überführen, sollte er es gewesen sein. Ich danke ihnen sehr, dass sie uns hierbei behilflich sein werden!"

Madison schluckte schwer, weil sie nicht wusste, wovon der Officer hier eigentlich sprach. Sie hatten einen Tatverdächtigen? Weshalb sollte sie ausgerechnet dabei behilflich sein? Langsam trat sie einen Schritt nach vorn und nickte langsam. "... wenn es dabei hilft den Mörder zu finden", stimmte sie dann schließlich zu und schüttelte den Kopf an Mackenzies Mörder und den aufgedunsenen Körper ihrer Zwillingsschwester wieder ab. "Wer ist es ...?"

"Dennis Brenchwood", erklärte Charlie und deutete auf die geschlossene Tür. "Wir wollen sehen, wie er darauf reagiert, dich zu sehen, um ausmachen zu können, ob er MacKenzie umgebracht hat."

Madison sog scharf die Luft ein und setzte automatisch einen Schritt nach hinten, ehe sie den Kopf schüttelte. "Ich hab eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt. Es hat sich gerade beruhigt - ich geh da nicht rein"

"Ich bitte sie, der miese Dreckskerl könnte..." er stockte, atmete tief ein und aus - und überlegte es sich mitten im Satz anders. "Hören Sie, ich verstehe ihren Widerwillen..." begann er. Langsamer und sanfter. "Der Kerl da drin hat ihnen ihr Leben echt zur Hölle gemacht und sie sind froh um jede Atempause die sie nun haben. Aber wenn er auch noch Schuld an dem Tod ihrer Schwester ist, dann bauchen wir sie um ihn zur Rechenschaft zu ziehen - vor allen Dingen wird er dann für immer wegkommen und sie nie wieder belästigen!"

Charlies Hand landete sanft auf der Schulter der Jüngeren, hielt sie davon ab, zur Tür hinaus und auf und davon zu rennen. "Madison, du brauchst nicht mit ihm reden. Es reicht, wenn du dich ihm zeigst, erkenntlich machst, welche von beiden du bist, damit jeder Zweifel ausgeräumt ist. Ich halte ihn nicht für einen Typen, der sich gut verstellen kann, was die Reaktion angeht, wenn er es gewesen sein sollte. Und wir können nur so für Gerechtigkeit sorgen - das alles hier ... es dient dazu, herauszufinden, wer das war und warum und auch, ob du in Gefahr bist. Lass uns bitte auch deine Sicherheit nicht außer Acht lassen."

Madison schwieg eine ganze Weile, rang mit sich und kaute sich unsicher auf der Unterlippe während sie die Hände zu Fäusten ballte, um das Zittern zu unterdrücken, das vom Rest ihres Körpers Besitz ergriffen hatte. Es war vorbei gewesen - sie hatte ihn nicht mehr wiedersehen müssen, weil MacKenzie ihr dabei geholfen hatte, bevor sie von hier fortgezogen wäre. Die Koffer waren bereits gepackt gewesen als ihre Schwester ihr von einer anderen Option erzählt und sie zum Anwalt begleitet hatte ... jetzt war ihre Schwester tot und Dennis lebte immer noch.
Langsam - ganz langsam nickte sie schließlich. "In Ordnung ...", stimmte sie ein. "Aber ... ihr werdet da sein, oder? Nur, falls er etwas tut?"

"Wir sind hier", versicherte Charlie und drückte die zitternde Schulter sanft, die sie noch hielt, dann deutete sie auf ihre Waffe am Holster. "Wenn wir nicht reichen - das hier wird es tun." Sie hatte nicht vor, jemanden einfach so zu erschießen, aber Madison brauchte gerade jede Versicherung, die sie bekommen konnte.

Mit hämmerndem Herzen und wackeligen Beinen ließ Madison sich hin zu der Tür bugsieren und griff nach der Klinke. Wenn sie darüber nachdachte, wer dahinter saß, dann wurde ihr heiß und kalt - sie würde wieder sein Gesicht sehen, wieder seine Stimme hören, von der sie gehofft hatte, dass sie sie nie wieder hören würde. Nur ganz kurz dachte Madison darüber nach, nach Charlies Hand zu greifen und entschied sich dann doch im letzten Moment anders, weil der alte Officer dies wahrscheinlich wieder mit einem missgünstigen Kommentar belegen würde und sie gerade darauf verzichten konnte.
Sacht schob sie die Tür ins Innere auf, wurde geblendet von hellem Neonlicht in einem kühlen grauen Raum und schob sich den ersten Schritt hinein. Ihr Mund war trocken und der Fluchtreflex würde riesig als sie an der Tür stehen blieb, die hinter ihr ins Schloss gefallen war. "Hallo Dennis ..."

Der angesprochene hob den Blick und seine fiebrigen Augen starrten in Richtung von Madison. Sein Gesicht verzog sich zu einem verträumten Lächeln. "Madison! Mein Herz!" erklärte er und versuchte aufzustehen, was jedoch schnell von den Ketten gestoppt wurde. "Oh es ist so schön dich wieder zu sehen! Ich wusste, dass du mich wiedersehen wollen würdest!" er grinste. "Hast du endlich eingesehen, dass wir zusammen gehören?"

Mit dem Satz, den ihr Gegenüber nach vorn machte, setzte Madison einen Schritt nach hinten bis sie wieder die Tür in ihrem Rücken spüren konnte. Erneut schüttelte sie den Kopf.
"Es ist vorbei und es bleibt vorbei", wiederholte sie wieder und schluckte. "Was hast du MacKenzie angetan?"

"Was?" hakte Dennis nach und hob die Augenbrauen. "Wovon redest du denn? Ich hab sie ewig nicht gesehen - nicht mehr seitdem sie mir die Ohrfeige gegeben hat. Aber alles vergeben und vergessen. Wie könnte ich denn jemandem böse sein, der genauso wunderschön ist wie du? Wir könnten fortziehen - weit fort von hier und dann gründen wir eine Familie. Madison... wir beide sind füreinander bestimmt. Verstehst du das? Schau, ich hab mir deinen Namen und unser Jubiläum tättowieren lassen!"

"... was?", flüsterte Madison erstickt und schüttelte den Kopf. "Nein. Nein - ich will nicht mit dir zusammen sein."

"Wer redet denn von wollen?" hakte er nach und seine Augen wurden größer. "Nein. Es geht um Bestimmung Madison! Wir beide - unser Erbgut kann die ganze Welt und ihre Herzen im Sturm erobern!" er sah sie verträumt an. "Ich habe mich testen lassen - und auch deine DNA eingeschickt! Wir sind eine gute Kreuzung!"

"Woher hast du meine DNA ...?"

"Ich habe sie dir abgenommen als du geschlafen hast. Ach, aber das ist doch nicht so wichtig! Ich weiß, dass du mich noch immer liebst! Ich meine... du hast niemals unsere gemeinsamen Bilder weggeworfen, sonst hätte ich sie ja in deinem Müll gefunden!"

Sie musste umziehen - aus dieser verfluchten Stadt raus und ganz weit weg von diesem Wahnsinnigen, der ihr hier gerade gegenüber saß und dem sie alles zutraute. Vielleicht hatte er wirklich MacKenzie umgebracht - vielleicht weil er sie ganz allein für sich haben wollte. Die schlimmsten Szenarien schossen durch Madison Kopf während sie schwer schluckte.
"Weil ich sie verbrannt hab, damit ich dich nie wiedersehen muss."

Er blinzelte, sein Gesicht verzerrte sich für einen Moment, ehe es sich blitzartig wieder entspannte. "Das ist... so schön..." flüsterte er, beinahe fiebrig. "Du hast dem Himmel unsere ewige Liebe zukommen lassen. Ach mein Liebling - du hattest schon immer eine romantische Ader!" er lächelte verträumt. "Wir beide sind wahrlich füreinander geschaffen. Das hat unsere Trennung nur bewiesen - ich habe dich niemals vergessen. Niemals. Niemals."

"Du bist krank! Du musst behandelt werden! Weggesperrt!"

"Nein - ich habe doch meine DNA eingereicht. Da hätten sie doch bemerkt, wenn ich krank wäre!" erwiderte er, beinahe liebevoll. Er schloss die AUgen, öffnete sie wieder und sie hatten einen silbrigen Glanz. "Du hast übrigens heute ganz wundervolle Dessous an. Ich wusste doch, dass du mich verführen willst!"