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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Do Jun 22, 2017 10:19 pm
"... Strafe dich nich ... Templer ... ab'halten ...", murmelte Lorenzo und schnitt mit einem Elan den Sellerie klein, dass man meinen konnte, er würde einen Preis dafür erhalten.
"Sprich deutlich, Junge!", mahnte Camilla, die ihre Augen und Ohren scheinbar überall hatte, selbst, wenn sie wie eben aus dem Raum geeilt war, um etwas zu holen. Der junge Assasine stöhnte entnervt und rollte die Augen, ehe er geknickt wiederholte, was er genuschelt hatte, damit niemand es wirklich hörte: "Das ist meine Strafe, weil ich dich zu den Templern habe gehen lassen. Also jeden zweiten Tag. Bringt nichts, darüber zu diskutieren."
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Do Jun 22, 2017 10:23 pm
Erneut war Ari daran Schuld, dass der andere eine Strafe bekam. Verdammt, wie sehr musste Lorenzo ihn inzwischen hassen? Jeder andere junge Mann hätte inzwischen einen ruhigen Moment abgewartet um ihm dann eine gehörige Tracht Prügel zu verpassen. Und Lorenzo würde nicht einmal damit rechnen müssen, dass Ari eine sonderlich große Gegenwehr bot, denn bei dem, was das angehende Assassine bereits alles beherrschte, hätte der junge Zauberweber nicht wenig entgegenzusetzen. „Ihr beide scheint euch recht gut zu kennen?“ Halte Aristeas nach, in der Hoffnung so ein wenig von dem Thema ablenken zu können, auch wenn er in Gedanken bereits über einer Möglichkeit hing, wie er sich für all das revanchieren konnte. Vielleicht würde er, wenn er denn wieder in die Stadt konnte, irgendetwas vom Markt für Lorenzo mitbringen. Nur gab es da ein Problem: er wusste kaum etwas über die Interessen des anderen. Über die letzten Wochen hinweg hatte er sich sowohl bei ihren Kartenrunden wie auch beim Training stets schweigsam gezeigt und kaum etwas von sich preis gegeben.
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Do Jun 22, 2017 10:25 pm
"Camilla hat mich zu Septim gebracht", antwortete Lorenzo schulterzuckend. "Als Kind." Musste ja niemand wissen, dass er im Bordell geboren worden war.
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Do Jun 22, 2017 10:27 pm
Ari vermutete zwar mehr hinter der schlichten Aussage, ließ es dabei jedoch bewenden und nickte nur mit dem Kopf, während er von den Kartoffeln zu einem großen Kohl überging, welchen er mit einem großen Fleischermesser in zwei Teile schlug. „Habt ihr euch seitdem öfter gesehen?“
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Do Jun 22, 2017 10:29 pm
"Wir haben hier oft zu tun", wich Lorenzo aus und zog eine Stange Lauch zu sich herüber, um sie erst in der Mitte anzuritzen und dann auszuwaschen in der Schüssel, die groß genug war, um kleine Kinder darin zu baden. "Bringt das Leben als Assasine so mit sich."
"Lorenzo", mahnte Camilla erneut und seufzte, bevor sie zurückkam. "Nimm den Jungen nicht so ernst, er ist schon immer so grummelig gewesen."
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Do Jun 22, 2017 10:35 pm
„Wo wir gerade bei dem Zusammenhang zwischen der Bruderschaft und dem Lokal hier sind“, Ari kämpfte weiter mit dem großen Kohl, wobei er inzwischen aufstand um diesen weiter zerteilen zu können. „Ich habe Septim mal davon sprechen hören, dass er einige Leute in ein Freudenhaus schickt, damit keine“, er überlegte kurz. „Unehelichen Kinder in die Welt gesetzt werden. Er hat aber nie gesagt wo genau dieses Lokal ist. Ich nehme an, es ist … das hier?“
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Do Jun 22, 2017 10:37 pm
"Und wenn es so wäre?", hakte Camilla nach und wandte sich dem Kessel wieder zu, damit der Eintopf sich vermischte und gut durchzog. Der kleine Magier war neugieriger, als gut für ihn war. "Lorenzo, sei so gut und bring mir das Salz aus der Speisekammer."
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Do Jun 22, 2017 10:38 pm
„Dann nichts“, antwortete Ari und versuchte, nicht in Scham oder Sorge über das zu verfallen, was er soeben erfragt hatte. „Ich habe mich lediglich dafür interessiert.“
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Do Jun 22, 2017 10:40 pm
Was uneheliche Kinder anging, konnte sie Aristeas schlecht auf die Nase binden, dass es diese hier genauso gab, wie in all den anderen Bordellen auch. Nur sprachen sich die Vorfälle hier nicht so rasant herum. Aber Camilla schüttelte den Gedanken daran ab und deutete auf den Kohl. "Wie sieht es aus damit? Brauchst du Hilfe?"
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Do Jun 22, 2017 10:44 pm
„Nein – nein, nein alles in Ordnung“, zwar hatte der junge Zauberweber ziemlich mit dem Gemüse zu kämpfen, was vornehmlich daran lag, dass er nicht genau wusste wie man es zerkleinern sollte, doch nachdem er noch ein paar mal mit dem großen Beil zuschlug und den Rest grob mit der Hand auseinander rupfte, glaubte er, es gut genug zerteilt zu haben, als das man es in einen Eintopf werfen konnte. „Ich sollte mich im übrigen erst einmal von Maia fernhalten“, gab er in Richtung Lorenzo weiter, als er die letzten Reste des Kohls in die Schüssel schob. „Ich hab darüber eine Weile lang mit Faye geredet und nachdem was mit den Templern passiert ist ... wäre es kontraproduktiv, wenn mich ihr Vater noch einmal sieht. Oder sie ihrem Vater auch nur von mir erzählt.“
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Do Jun 22, 2017 10:51 pm
"Oder du überhaupt noch einen Fuß auf die Straße setzt", erwiderte Lorenzo und bemerkte zu spät, dass Camilla gerade hinter ihm zu Gange war und ihm just in dem Moment eines mit dem Kochlöffel überzog. "AU!", beschwerte er sich und rieb sich die Stelle, bevor er der Älteren einen bösen Blick zuwarf. "Was soll das denn?!"
"Du vergisst dich, junger Herr", erwiderte Camilla absolut ungerührt und schüttete etwas Salz in ihre Hand, musterte es eine Weile und warf es dann in den Topf, wo es blubbernd versank. "Und wenn es etwas gibt, das Assasinen nicht tun, ist es sich zu vergessen und Leute anzumaulen, die nichts dafür können. Ari - erzähl mir doch etwas von deinem bisherigen Leben. Magier kommen hier zu selten vorbei."
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Do Jun 22, 2017 11:01 pm
„Da gibt es gar nicht so viel zu erzählen“, meinte Ari und zuckte mit den Schultern. „An meine Eltern kann ich mich kaum erinnern, nicht einmal an ihre Namen. Ich weiß nur noch das ich recht früh ein Stipendium für die Universität bekam, da man bei mir eine Veranlagung für das Feuer spürte und dieses Element bis heute im Arkanum stark unterbesetzt ist. Also lernte ich ein paar Jahre alles mögliche über Moral, Gesetze, Mathematik, Grammatik, Rhetorik, das ganze Programm eben. Dann wurde ich vor ein paar Jahren an Meister Belboran übergeben. Einem Angeber schlechthin, aber einen der wenigen Feuermagier die noch vital genug waren, um sich um einen Lehrling zu kümmern. Allerdings ging, als er mich gerade mit seiner Nebenbeschäftigung, der Alchemie allein ließ einiges schief. Er verlangte von mir immer wieder die einfachen Funkenzauber zu üben, allerdings gingen diese schief und daraus wurde eine kleine Flammensäule. Was an sich nicht schlimm gewesen wäre, hätte er sein Destillat verschlossen und es nicht aus dem Kolben weitertropfen lassen. So löste sich eine Explosion, welche einen Teil des Hauses einstürzen lies und ihn erschlug. Da mir das als Mord und nicht als Unfall ausgelegt wurde, floh ich und den Rest … naja, den kennt ihr vermutlich.“
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 8:11 pm
"Ich denke nicht, dass es Mord war", erwiderte Camilla ruhig, während Lorenzo die Stirn gerunzelt hatte und still zuhörte - wohl zum ersten Mal in seinem Leben. "Eine unglückliche Verkettung wohl eher. Aber die Magier sind da wohl etwas harscher und schneller in der Beurteilung."
Sie wandte sich zurück zu dem Fleisch vor sich, das sie in gleich große Stücke zerteilte und schließlich in die Brühe mit den anderen Zutaten plumpsen ließ. Sie war keine gute Köchin und normalerweise übernahm diese Aufgabe auch ebenjene, doch sie war krank geworden, vor Wochen schon, die gute Seele. Camilla hoffte ihr helfen zu können, nun mit einem ausgebildeten Heiler im Haus. Es würde die Mädchen wohl auch davon abhalten, bei jedem neuen Abendmahl zu stöhnen und zu meckern, wie es nur ein Haufen Weiber konnte. Camilla behielt für sich, wie eng sie wirklich mit dem Geld beieinander waren. Hätten sie mehr und könnten sie die Bude auf Vordermann bringen, hätten sie vielleicht auch mehr Andrang, selbst mit der entlegenen Ecke, in der sie sich befanden. Doch es war müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie hoffte auf die Hilfe der Gäste, die sie beherbergten. Vielleicht schlummerten in ihnen noch verborgene Talente.

~*~

Die erste Woche ging tatsächlich schnell herum. Camilla ließ es nicht zu, dass Chadim, Ari oder Faye sich zurückzogen, wenn es nicht gerade ihren eigenen Studien diente und ansonsten spannte sie die drei ein, wo sie nur konnte. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie schnell man Probleme mit zu viel Enge und dem Eignesperrtsein haben konnte und es behagte ihr nicht, dieses Verhalten anderen aufzuzwängen, weil das Bordell nun einmal der sicherste Ort war.
Chadim hatte es tatsächlich geschafft, ihre Köchin wieder auf die Füße zu bringen, obwohl sie zum Kochen noch zu schwach war. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie Camilla den Kochlöffel aus der Hand reißen würde, weil es eine Zumutung war, was sie da fabrizierte, doch im Moment gab sie sich damit zufrieden, Anweisungen aus einem Lehnstuhl heraus zu geben, den sie in die Küche geschleppt hatten.
Faye und Ari hingegen hatten damit begonnen, ihre Magie dafür zu nutzen, das Bordell wieder herzurichten. Bretter wurden angeschlagen, kaputte Scharniere neu geschmiedet - es war eine Augenweide, wie geschickt der Junge das Feuer formte, damit er Nägel herstellen oder anderweitig beschädigte Metallteile wieder geradebiegen konnte. Faye war besser als jeder Besen und seit Tagen schon hatte Camilla keine Spinne mehr gesehen - geschweige denn Männer, die sie nicht in ihren vier Wänden haben wollte. Faye hatte sie mit einer Barriere in der Tür draußen gehalten und die Kerle waren zu betrunken gewesen, um es wirklich zu bemerken. Was die drei jedoch nicht taten, war sich dem Tageslauf anpassen. Sie schliefen immer noch in der Nacht, wenn Hochbetrieb war und waren am Tage mit ihr die einzigen, die auf den Füßen waren. Sie mischten sich nicht groß unter die Mädchen und vielleicht war es ganz gut so, manche von ihnen waren noch nicht lange hier und kleine Tratschmäuler. Leute in ihrem Haus hatten sie durchaus bemerkt, doch noch hatte ihnen niemand vor der Tür gestanden.
Noch.
Camilla verwarf die Gedanken und wandte sich ihrer Arbeit mit den Büchern zu. Auch Bordelle wollten geführt werden.

~*~

"Wir haben geschlossen!", tönte Faye eine gute weitere Woche später gerade, als sie mit dem Rücken zur Eingangstür saß und einen Folianten wälzte, den ihr Lorenzo vorbeigebracht hatte. Er beinhaltete Heilerwissen, welches sie brauchen konnte und Chadim kannte den Band bereits. Die beiden Männer schliefen und sie hatte ein wenig Ruhe für sich haben wollen, bis schließlich das Bimmeln der Glocke über der Eingangstür die unterbrochen hatte.
Die Tür öffnete sich dennoch und Faye war auf den Füßen wie eine Katze, aufmerksam und etwas ungehalten, noch bevor derjenige sie wieder ins Schloss gedrückt hatte.
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 8:31 pm
Lyra hatte nur kurz den Kopf gehoben, als die Glocke ihr Ankommen verkündet hatte und ließ jetzt ihren Blick streifen. Das hier war nicht das Etablissement, das sie für gewöhnlich besuchte und eine Sekunde lang verzog sie das Gesicht, als sie den ersten Schritt über dreckige Bodenpaneelen setzte, bei denen sie sich jede Minute aufs Neue zu fragen begann, ob sie das Gewicht des Hauses und der oberen Stockwerke noch länger trugen. Ihre Gewänder wollten nicht so recht in das ärmliche Ambiente passen, aber sie hatte es auch nicht eingesehen, sich für diesen Besuch angemessener zu kleiden und während Alisander sich auf die Suche nach seiner Bruderschaft gemacht hatte, hatte Lyra selbst ganz eigene Gründe in die Stadt geführt. Sie hatte dem alten Assassinen nichts davon gesagt, dass sie zwei magische Strukturen in der Stadt gefunden hatte, die nicht dem Zirkel zuzuordnen waren, hatte verschwiegen, dass eben jene Strukturen dann und wann von ihrer Karte der Stadt verschwanden und erst am nächsten Tag wieder auftauchten. Es gab Dinge, die Alisander nicht wissen musste - eine davon war, dass das Mädchen am Leben war.
"Ich bin nicht für privates Vergnügen hier", teilte sie der jungen Frau mit, die so hastig auf den Füßen war und lächelte freundlich. Sie hatte sich Faye genauso vorgestellt, wie sie jetzt vor ihr stand - wild wie die wirren Locken, die sie ihr Eigen nannte, Sturm in ihren Augen und Anspannung in jeder einzelnen Pore ihres Körpers. Kritisch beäugte Lyra die ärmlichen Kleider der jungen Magierin, aus der einmal hätte so viel werden können, wenn sie nur nicht an die Falschen geraten wäre. "Ich habe viel von dir gehört, Faye", setzte sie nach und hob eine Hand, noch bevor die Andere zu einer Erwiderung ansetzen konnte. "Ich gehöre weder zu Zirkel, noch zu den Templern."
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 8:38 pm
"Das ändert nichts an jemandes Gesinnung", erwiderte Faye, etwas aus der Bahn geworfen, weil die andere sie zu kennen schien, ihr wiederum nicht einmal das Gesicht etwas sagte. Warum kannte sie sie nicht? Sie musste eine Magierin sein, ihre Aura war so blau, dass es Faye beinahe blendete.
Sie brachte genügend Abstand zwischen sich, um notfalls entweder davonlaufen zu können oder einen der Dolche zu erreichen, die sie auf dem Tisch hatte liegen lassen, neben dem sie nun stand. Ihr Herz pochte zu laut und ihre Gedanken waren nicht zu fassen, so schnell rasten sie. Jemand hatte sie gefunden, jemand, der ganz offensichtlich nach ihr gesucht hatte und ob Templer, Zirkel oder sonstiges … es war definitiv nicht gut. Sie hätte doch im Zimmer bleiben sollen, doch nun war es zu spät für Reue.
Sie ballte die Magie, die sie erreichen konnte und hielt sie in sich, jederzeit bereit, sie loszulassen.
„Verräter gibt es überall.“
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 8:58 pm
Ari legte noch einmal den feuchten Lappen über das Stück Eisen, dass er inzwischen seit gut zwei Stunden bearbeitete, woraufhin das Material zu zischen begann. Ein letztes Mal betrachtete er den kleinen Schlüssel, der am vorderen Ende etliche kleine Zähne hatte und im ersten Moment vermutlich wie ein Hybrid aus Türschlüssel und Kamm anmuten mochte. Tatsächlich war dies jedoch ein Generalschlüssel – Camilla hatte ihm nach einen eben solchen gefragt, da ab und an anscheinend Freier die Tür versperrten oder einige Mädchen sich einfach einschlossen. Da es durch den zusammengewürfelten Hausbau für beinahe jede Tür ein anderes Schloss gab, blieb so meistens nur die Option des Aufbrechens. „Das sollte damit Vergangenheit sein“, meinte er an die Inhaberin des Freudenhauses gewandt, welche reichlich verdutzt zu ihm sah, vermutlich weil sie gemutmaßt hatte, dass er, ebenso wie Chadim, noch schlief. Allerdings hatte er es sich durch seine Zeit bei den Assassinen angewöhnt, nicht mehr als fünf oder sechs Stunden zu schlafen. Und nachdem er einmal aufgewacht war, spürte er das brennende Verlangen irgendetwas zu tun. „Ich geh noch schnell zu Faye runter, vielleicht braucht sie noch bei irgendetwas Hilfe. Ansonsten können wir denke ich nachher anfangen, alle Morschen Balken kurzzeitig mit einem Eisengerüst zu stützen und dann durch neue zu ersetzen.“ Das Geld für die Restaurierung des Bordells hatte Ari teilweise aus eigener Tasche bezahlt. Nun nicht aus eigener, sondern aus Maias Geldbörse, in der sich erstaunlich viel Barschaft befand. Anfangs hatte er sich deswegen mehr als schuldig gefühlt und auch jetzt beschlich ihn dann und wann ein mulmiges Gefühl deswegen, doch dies hier, dass hatte Aristeas schnell gelernt, war kein dreckiger, dunkler Ort so wie er stets von den Meistern der Akademie beschrieben wurde. Es war ebenso wenig ein unglaublich reizbarer Sündenpfuhl, so wie einige ehemalige Kommilitonen es beschrieben hatten, zumindest nicht nur. Denn als Ari seine anfängliche Scheu überwunden hatte und angefangen hatte mit den jungen Mädchen zu sprechen, war er schnell dahinter gekommen, dass dies hier eine der wenigen Gelegenheiten für Frauen war, sich ein Stück Selbstständigkeit zu behalten und eine Bleibe zu finden. Sie mochten sich verkaufen, ja. Doch die meisten taten es lieber, als auf der Straße zu hungern, was Ari selbst nach allzu gut nachvollziehen konnte, oder von Männern als Weib für den Herd genommen zu werden. Einige waren sogar schon einmal verheiratet, waren dann aber aus Angst oder Frustration geflohen. Und für all diese Schicksale hatte es sich gelohnt, Maias Geld zu investieren. Natürlich reichte es nicht für alles – er würde davon kein neues Inventar kaufen können und auch keine neue Außenfassade hochziehen, doch er konnte alle morschen Balken erneuern, Türrahmen und Wände richten, Böden wieder instandsetzen und Fenster neu einsetzen. All diese Einzelteile kosteten an sich nicht viel, zumal Aristeas bei den meisten Dingen nur das Rohmaterial bestellte und dieses dann individuell zuschnitt oder schmolz. Ja – irgendwie mochte er diesen Ort hier. Den reizenden Blick von Camilla und den der Mädchen und Frauen, die, nachdem sie begriffen hatten dass er nicht nur auf ihre Brüste und ihre Schenkel stierte, zu durchaus eloquenten Konversationen bereit waren. Natürlich musste man hier nicht nur sagen, denn trotz aller Motivationen war Aristeas ein junger Mann der schwerlich das Interesse seines eigenen Geschlechts komplett verstecken konnte.

Als er die Treppe nach unten nahm und die Hände um das neu gesetzte Eisengitter legte, pfiff er leise vor sich hin, klopfte sich dann den Staub vom groben Hemd, dem Tunika Ersatz den er darunter gebunden hatte und der weiten Hose, an welche er selbst etliche Taschen genäht hatte. Und eben dadurch bemerkte er erst, als er mitten im Raum stand, dass eine fremde Frau vor Faye stand, welcher ihrerseits alles andere als begeistert wirkte. „Wer“, Aris Stimme klang skeptisch und er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, sodass einige winzige Funken entstanden. „Seid ihr? Was wollt ihr hier?“ Faye wirkte wie eine Katze, deren Nackenfell sich vollends aufgerichtet hatte. Und eben dies ließ nun auch den jungen Zauberweber so vorsichtig werden.
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 9:08 pm
"Das ist richtig. Verräter gibt es überall", stimmte Lyra der anderen zu und zog sich einen Stuhl heran, ehe sie sich darauf sinken ließ und Faye weiterhin ansah. Sie machte sich nicht die Mühe Anstalten zu machen, ihr näher zu kommen, insbesondere weil sie wusste, dass die andere ihre wieder gewonnene Magie nutzen würde. Es war beinahe schade, dass sie diese Macht bereits wieder erhalten hatte, weil ihr das die Verhandlungen mit der Bruderschaft erschwerte, aber noch gab es einige Dinge, die sie ausspielen konnte, für den Fall, dass Faye sich als unkooperativ erwies.
Das Pfeifen ließ sie den Kopf zur Treppe hin wenden und überrascht ruckten Lyras Augenbrauen hoch, als der nächste Magier ihr unmittelbar vor die Füße ließ. Feuer - sie erkannte das Lodern in seiner Aura und schmunzelte darüber, welche beiden Elemente sich hier so scheinbar zufällig zueinander gefunden hatten. Er war jünger als Faye, unkontrollierter und mit weit glühenderem Temperament als seine Lehrmeisterin, denn ausgebildet war der Junge mit Sicherheit noch nicht, aber Lyra unterließ es, ihn darauf hinzuweisen, dass sie in der Regel nicht mit Novizen korrespondierte. Für den Augenblick war es wichtig, einen anderen Eindruck als Alisander zu hinterlassen.
"Lyra ist mein Name", stellte sie sich schließlich vor. "Ich würde euch beiden gern noch einen hochtrabenden Nachnamen nennen, aber wie euch beiden sicherlich bekannt ist, besitzen wir Magier weder einen Nachnamen, noch eigenes Hab und Gut. Ich würde dieses Gespräch ungern so zwischen Tür und Angel weiterführen, setzt euch doch einfach? Ihr seid zu zweit - ich habe euch beiden gemeinsam wohl kaum etwas entgegen zu setzen."
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 9:12 pm
Sie log und das so aalglatt, dass Faye kurz den Entschluss fasste, Camilla müsste den Boden nachher nicht mehr bohnern. Alleine schon ihr Aussehen strotzte nur von Luxus und dem Leben, das sie lebte und es war so offensichtlich von Geld geleitet, es war beinahe schon schmerzhaft, für wie dumm die andere sie beide hielt. Und nichts entgegen zu setzen? Faye traute ihr, so weit sie spucken konnte und das war nicht besonders weit, wenn sie nicht gerade ihren Mageninhalt ausspie. Die Aura der Braunhaarigen waberte vor Magie. Sie konnte sie mit einem Wink ihrer Hand beide überwältigen, befürchtete Faye nicht ganz zu Unrecht.
Die Zauberweberin also blieb, wo sie war, die Hand ausgestreckt, damit Ari das gleiche tat und nur nicht auf die Idee kam, sich einlullen zu lassen.
"Ich denke nicht, dass es irgendetwas zu besprechen gäbe."
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 9:18 pm
"Alisander ist in der Stadt eingetroffen und er hat reges Interesse an dir bekundet. Unter anderem aus dem Grund, weil eine geheime Bruderschaft voller Attentäter über drei Dutzend Menschen wegen dir ermordet hat - für dich. Darunter der Magister und der gesamte Magistrat dieser Stadt", begann Lyra freimütig zu erklären und schmunzelte über den Widerwillen der Jüngeren. Es war nicht das erste Mal, das sie sich mit bockigen Kindern unterhielt, selbst wenn es jedes Mal aufs Neue ermüdend war. "Jetzt haben sie, wie ich erfahren habe, als ich mit dem Hauptmann der Templer zu Abend gegessen habe - was im Übrigen weder für mich, noch für ihn besonders angenehm war, auch noch neue Zwistigkeiten mit den Templern - ebenfalls deinetwegen", schob sie noch nach und lehnte sich zurück.
"Du wirst momentan sowohl von Alisander, als auch von Hauptmann de Vere für Tod gehalten. Ich muss gestehen, nachdem ich erfahren habe, dass du bei einer Gilde von Mördern bist, hielt ich deinen plötzlichen Tod für fragwürdig, allerdings bin ich geneigt, die beiden Parteien bei dieser Meinung zu lassen. Um deinetwillen und weil ich ehrlich gesagt keinen von beiden besonders gern mag."
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 9:21 pm
Stur biss Faye die Zähne zusammen. Die Zahlen waren ihr bekannt und ebenso wusste jeder andere, dass es viel zu viele Menschenleben für ein einziges gewesen waren, dessen Wert niemandes Leben überstieg. Sie war nicht mächtig, keine Königin, nicht einmal mehr eine vollwertige Magierin. Sie war einfach nur in der Situation gewesen, einen Freund an ihrer Seite zu wissen, der sie nicht in den Tod gehen ließ.
Sie wollte Druck aufbauen, sie aus der Reserve locken und Faye schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln und die Schuld wieder dorthin zu schicken, wo sie hingehörte. Tief in sich, fern von allen anderen.
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 9:32 pm
„Und daher zieht ihr es vor, euch auf die Seite einer angeblich toten und zuvor stark gesuchten Person zu stellen, samt ihrem Schüler, der ebenfalls von der Justiz verfolgt wird?“ Natürlich hätte man mutmaßen können, dass sie nicht wusste wer Ari war und das man auf ihn ebenfalls ein Kopfgeld ausgesetzt hatte: doch wenn sie Faye hier aufgespürt hatte, dort, wo jeder ihrer Zauber verdeckt war, zweifelte Aristeas stark daran, dass sie nicht auch über ihn und vermutlich auch Camilla bestens informiert war. „Ihr seid Lyra, die Hofzauberin.“ Es war keine Frage sondern eine schlichte Feststellung. Ihr Gesicht war ihm bereits von Anfang an bekannt vorgekommen, doch als sie auch ihren Namen genannt hatte, war es ihm schlagartig bewusst geworden: in der Akademie hatten sie immer wieder Schriftrollen über die aktuelle Besetzung aller wichtigen Persönlichkeiten erhalten, samt einiger Stiche von besagten Leuten, damit man eine ungefähre Vorstellung hatte wer an der Macht war und sich im Zweifelsfall nicht vor einem Hochwohlgeborenen oder einer anderen wichtigen Person blamierte. „Seid ihr hier um uns für den Krieg eures Königs zu rekrutieren? Ich habe gehört das es in den letzten Monaten nicht wirklich gut voran geht und die Fronten inzwischen stagnieren. Was dem Lehrbuch nach binnen einem oder zwei Jahren zu Unruhen in den Reihen der Truppen führt.“
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Fr Jun 23, 2017 9:39 pm
Lyra kam nicht umhin leise über die Worte des Jüngsten ihrer kleinen magischen Gesprächsrunde zu lachen und die Hand zum Gesicht zu heben, um eben jenes Lachen nicht allzu laut werden zu lassen. Erst eine Weile später wandte sie sich an Faye. "Dein Lehrling ist nicht auf den Mund gefallen, aber das habe ich auch nicht von Aristeas erwartet. Bedauernswertes Schicksal, das seinen Meister hier ereilt hat, zum Glück für ihn, dass er jetzt eine neue Meisterin in dir gefunden hat. Umso faszinierender, dass er es noch nicht gelernt hat, sich von Templern und ihren Familien fern zu halten", bemerkte sie amüsiert und schüttelte dann sacht den Kopf, um dieses Thema gleich wieder fallen zu lassen und sich dem Jüngling zuzuwenden, der hier so frech den Mund geöffnet hatte und dem ganz offenbar niemand jemals Benehmen beigebracht hatte.
"Novizen mit so vielen Worten wären im Norden längst Manieren beigebracht worden. Die Magister und Templer nutzen dafür in der Regel Rohrstöcke oder andere Dinge. Gut, dass wir hier im Osten sind, nicht wahr, Aristeas?", fragte sie und zuckte mit den Schultern. "Aber um dir deine ersehnte Antwort zu geben. Wir stehen kurz vor einer endgültigen Lösung mit den freien Fürsten - nur halten der König und ich eine Fehde lieber unblutig, als Dutzende von Soldaten in einer Schlacht zu verlieren. Es gibt Dinge, die nicht immer ein Messer regeln muss, selbst wenn dir das bei deiner aktuellen Gesellschaft seltsam vorkommen mag."
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Fr Jun 23, 2017 9:44 pm
Nein, nein und nochmal nein. Das hier ging zu weit und zwar deutlich.
„Schluss damit“, fuhr sie dazwischen und trat vor Ari, um ihm einen sehr deutlichen Blick zuzuwerfen, der ihm auch ohne Worte alles sagte, was er wissen musste. In Kurzfassung: Halt die Klappe und halt sie sofort und sehr fest.
„Unsere momentane Gesellschaft ist – mit Verlaub, Lyra – unsere Angelegenheit. Nicht deine.“ Faye sparte es sich, hochgestochene Anreden zu wählen, vielleicht, weil es ihr gegenüber auch nicht getan wurde und sie keine Lust darauf hatte, sich wie vor Gericht zu fühlen. Das war ihr zu oft passiert und sie würde sich von niemandem mehr herumkommandieren lassen, der mehr Jahre Ausbildung hinter sich gebracht hatte. Die Hofzauberin also. Sie wunderte sich nicht, von der anderen nicht gehört zu haben, gehörte doch Politik nicht gerade in die Bereiche, die ihr Interesse weckten, vor allem nicht die, die so weit weg lag.
„Du drohst, uns auffliegen zu lassen. Was könnten wir – zwei flüchtige Magier – dir überhaupt bieten, hm?“, hakte sie nach und zog eine Augenbraue nach oben. Die Magie in ihren Fingern kribbelte.
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Kapitel 5                        - Seite 6 Empty Re: Kapitel 5

Fr Jun 23, 2017 9:55 pm
"Ihr beide?", hakte Lyra nach und richtete ihre eigene Haltung wieder, weil Faye offen genug mitgeteilt hatte, dass ihr dieses Geplänkel zuwider war. "Alles, was ich von euch möchte, ist der Kontakt zu euren neuen Freunden. Nicht mehr und nicht weniger", teilte sie ihnen mit und erhob sich dann wieder von ihrem Sitzplatz, weil keiner der beiden anderen sich bislang die Mühe gemacht hatte mit ihr gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, um dieses Gespräch fortzuführen.
Sie mochte diesen Ort nicht, weder dieses Bordell, in dem sie saß und das sie anwiderte, noch die Stadt mit ihrem viel zu warmen Wetter und der schwülen Luft, die sich mit den sintflutartigen Regengüssen abwechselte. Alisander hatte darüber schadenfroh gelächelt und Lyra hatte sich einmal mehr dafür verflucht, dass das Mädchen ihr gegenüber ihr so wichtig war. Das Gespräch mit Faye war wie die Zähmung eines wilden Pferdes. Sie bockte und trat, wann immer sie die Gelegenheit dazu erhielt.
"Mein Bestreben ist es Alisander loszuwerden, bevor er von uns Magiern mehr verlangt als wir zu geben bereit sind. Das Letzte, was ich möchte, ist ihn weiterhin in meinem Nacken zu haben und ich kenne seine Pläne das Oberhaupt des Ordens loszuwerden. Nenn es eine gegenseitige Hilfe - ich muss ihn nicht mehr am Hof sehen und eure Freunde sind nicht weiter gefährdet."
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Fr Jun 23, 2017 10:04 pm
Faye streckte die Magie aus wie Fühler, doch Lyras Geist war ebenso abgeschottet, wie sie es mit ihrem eigenen zu tun pflegte. Vernünftige Frau, aber das machte sie keinen Deut sympathischer. Normalerweise war sie gut darin, Menschen zu lesen und die Auren zu sehen lag ihr, wie sonst wenigen Magiern, doch hier stieß sie an ihre Grenzen. Lyra war zu gut ausgebildet und zu beherrscht, um mit den üblichen Methoden eine Einordnung vornehmen zu können. Unruhig barg sie die verstümmelte Hand in der gesunden, fuhr mit dem Zeigefinger über die Narbe, als könnte sie sich damit eher darauf besinnen, was zu tun war. Sie könnte aufs Ganze gehen und es versuchen, immerhin klang es vielversprechend, Alisander los zu werden. Andererseits - und dieser Gedanke war stärker - hatte sie Emerson versprochen, keine Alleingänge mehr zu unternehmen. Sie würde den Teufel tun, dieses Versprechen mit Füßen zu treten. Was sollte Alisander von den Magiern oder vom König verlangen? Sie wusste, er war in der Stadt, was auch der Grund dafür war, warum Emerson seit Tagen nicht vorbeigekommen war und sie sich bedeckter hielten als ohnehin schon. Wenn Alisander Septim loswerden wollte, musste sie dann nicht Emerson warnen? Oder Septim? Die Zwickmühle, in der sie steckte, war beinahe schmerzhaft. Was aber sprang für Lyra heraus? Alisander war jemand, den sie umgehen konnte. Er hatte seine eigene Bruderschaft und war nur selten am Hof. Warum also? Die Narbe fühlte sich wulstig an, viel zu warm von der Magie, die sie in sich hielt. Sie sah zu Ari hinüber, der das Gespräch mit Adleraugen verfolgte und keine Silbe verpasste.
"Warum der Umweg?", fragte sie irgendwann in die Stille hinein, obwohl es ihr widerstrebte.
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