Bastrabuns Bann - Borbra, im Efferd 1019

Raidri, der Gerwulf gerade erklärte, dass eben dies ihr bisherige Plan gewesen und alle Kirchen der Zwölfe mittlerweile informiert waren hielt inne, als Rena die Stimme erhob und wandte sich zu ihr um. Inmitten all diesen Chaos schien sie tatsächlich soetwas wie Fokus zurückgewonnen zu haben und zusammen mit Tarlisin, der sich mit Sveas Hilfe wieder auf die Füße kämpfte und ganz offensichtlich sehr dankbar und so etwas wie neuen Mut zu fassen schien, kam scheinbar wieder Bewegung in die Truppe.
"Und wie?" fragte er leise, trat langsam an Gerwulf vorbei, stieg über einige versprengte Steine und kam zurück in den Kreis aus Freunden. "Wir haben kaum Anhaltspunkte - die einzige Möglichkeit die ich sehe ist die Mondsteine zu den Magiern zu bringen und zu hoffen, dass sie tatsächlich einen Bann gegen Borbarads Schergen daraus entwickeln können. Und dann? Naja, wir könnten nach Punin zurück wie von Makel gewünscht - vielleicht haben die Kirchen ja mittlerweile mehr in Erfahrung gebracht und wir können von dort aus weiterarbeiten?"

nicken

"Wir bringen die Steine zurück, gemeinsam mit den Hinweisen über Bastrabuns Bann. Danach kehren wir zurück zur Boronkirche und geben ihnen das Endurium zurück, das wir auf Maraskan finden konnten und informieren Sie, was geschehen ist", antwortete Rena bestimmt, während ihre Finger damit beschäftigt waren sacht immer wieder einige von Edionas weißen Strähnen zu entwirren. Einfache Bewegungen, die ihre Finger beschäftigt hielten und mit denen sie sich davon abhielt über die erneute Begegnung mit Borbarad nachzudenken.
"Rommilys hat die Formeln von Borbarad. Wir fangen also ganz langsam an - arbeiten uns Stück für Stück weiter nach vorn. Wir haben doch einige Namen - Rajo Brabacker, Xeraan, Azaril. Wenn wir alles zusammen tragen werden wir vielleicht nicht innerhalb von fünf Minuten etwas finden, aber wir arbeiten uns weiter nach vorn."

Raidri nickte langsam, aber zustimmend. "Wir haben bisher nur reagiert, da hast du Recht - aber wir haben Verbündete. Freunde in fast ganz Aventurien. Wir werden in Punin beginnen und die Boronkirche und die dortigen Institutionen um Rat und Hilfe bitten. Sie werden uns vielleicht weitere Hinweise geben können. Wir werden ein Bund des Guten sein, der die Finsternis vertreibt - aufrechte Herzen die für das richtige einstehen. Wir haben Freunde. Wir sind eine Gemeinschaft - du hast Recht Rena. Wir haben eine Chance"

Es war weit nach Mitternacht, als Sveas Schritte sie in Richtung von Zajidos Zimmer führten. Sie hatte versucht zu schlafen, aber Borons Schwingen mochten sie nicht umfangen und sie begann sich zu fragen, ob sie nicht nur Swafnir enttäuscht hatte, sondern all die anderen Götter gleich mit dazu. Der kleine Holzanhänger, den Zajido ihr gegeben hatte, umfing sie mit ihren Fingern und drückte ihn sanft. Das Material war warm von ihrer eigenen Körperwärme und sie fühlte die zarten Schnitzereien unter ihren Fingerkuppen, fuhr die Rillen und kleinen Unebenheiten nach, ehe sie sich unversehens am Zielort wiederfand und kurz den Kopf schüttelte, um aus ihren Gedanken aufzutauchen und zu klopfen.
Mekrwürdigerweise fühlte sie, dass Zajido im Inneren war und schlief oder zumindest längst im Bett gelegen hatte und einerseits tat es ihr Leid, ihn zu wecken, wenn er doch am Morgen ebenso aufbrechen würde, wie sie alle und den Schlaf brauchte, andererseits gab es zu viel Unausgesprochenes, das sie aus der Welt schaffen wollte, bevor er aufbrach, denn auf ein Wiedersehen, bei dem sie alle unversehrt waren, wagte sie nicht zu hoffen.
"Zajido?", fragte sie leise.

Zajido hatte sich mehr in einem Halbschlaf befunden und war in Gedanken immer wieder bei dem, was vor ihm lag. Er wollte diese Gruppe nicht verlassen, fühlte er sich doch trotz aller Unterschiede zu diesen Leuten hingezogen, wie eine zweite Familie - eigentlich wie seine erste, denn bis auf Mirasa hatte das Wort für ihn nie eine großartige Bedeutung gehabt. "Svea?" Fragte er schließlich, als die andere in sein Zimmer trat. "Was ... was gibt es, alles in Ordnung?" Er rieb sich die Müdigkeit aus dem Gesicht und schob sich halb aus dem Bett, sodass er auf der Kante von eben diesem saß.

Langsam schloss Svea die Tür hinter sich und ließ sich neben Zajidos Bett auf den Boden sinken, die Knie zu sich herangezogen und die Arme darum gelegt, ehe sie ihr Kinn auf ihre Unterarme stützte und nachdenklich zu ihm hoch sah. Die Kerze auf dem Tisch spendete kaum noch Licht, gerade genug, um seine Züge im schwachen Schein zu erkennen. Er wirkte besorgt. "Entschuldige, wenn ich dich geweckt habe. Es ist nichts geschehen, aber bevor wir alle aufbrechen, wollte ich mit dir sprechen. Als wir auf Maraskan waren ... war ich ziemlich unhöflich. Du hast einen Weg gewählt, der Weg, der dein Überleben gesichert hat und vertrittst eine Überzeugung, die völlig gegensätzlich zu meiner ist und ich habe mich ohne nachzudenken auf die Argumente gestürzt, die ich hören wollte. Dafür wollte ich mich entschuldigen. Nicht, dass ich es anders sehe, aber wie ich es angegangen bin - wie ich dich angegangen bin."

Ein Lächeln breitete sich über Zajidos Gesicht aus und er klopfte der Thorwalerin auf die Schulter. "Es ehrt dich das du mir das sagst, wirklich. Auch wenn ich dich in einer Sache beruhigen kann - übel genommen habe ich dir das alles nie. Es ist schwer zu verstehen wie ich zu vielen Dingen stehe, was ich in ihnen sehe und wo meine Überzeugungen liegen. Aber das liegt unter anderem daran, dass ich jahrelang nur mit einer einzigen Person zusammen gelebt habe und keinen Kontakt zu jemand anderen hatte. In solchen Situationen lernt man viel über Menschen, nicht nur über den einen Menschen, sondern unsere Rasse im allgemeinen." Er sah kurz zu Sveas Schuppenansatz, der auch vor dem Hals nicht Halt gemacht machte. "Unter anderem das wir das sind, was wir sein wollen. Kein Körper der Welt kann dir jemals den Willen nehmen, etwas zu tun."

Unwillkürlich bedeckte Svea mit ihrer Hand den Bereich, den Zajido ansah und kam sich kurze Zeit später albern vor. "Sieh dir Edionas Auge an oder Calenleyas Zeichen. Oder Renas Arm. Sie agieren willentlich und auch, wenn der Träger es nicht will. Es ist ... schwierig, weiterhin optimistisch zu glauben, bei mir sei all das anders. Und ich verstehe deine Situation durchaus besser, als du glaubst. Solange ich das hier habe" sie nahm die Hand weg und deutete auf den Bereich zwischen Schulter und Hals "kann ich nicht einmal mehr meine Heimat betreten. Sie würden es nicht verstehen - Thorwaler sind abergläubisch, stur und verachtend."

"Das dich Leute in deiner Heimat nicht akzeptieren sollte nie ein Grund sein, von dieser fernzubleiben. Menschen lernen meist, dass die Dinge anders sind als sie scheinen und das deine Heimat dir genauso gehört wie Ihnen."

"Da sollte ich mir an dir ein Beispiel nehmen, was?", fragte Svea und ein schiefes Lächeln stahl sich auf ihre Züge. "Du wirst uns - mir - fehlen", fuhr sie schließlich fort und wieder war da dieses Gefühl der Einsamkeit. Sie hatte noch die anderen, natürlich, aber jeder, der diese Gruppe verließ war wie ein Familienmitglied, von dem sie sich auf ungewisse Zeit und in unsichere Zukunft hinein verabschieden mussten. Vorsichtig zog sie einen der Armreifen von ihrem Handgelenk, er war silbern und bestand aus ineinanander gewundenen, einzelnen Strängen, die schlussendlich miteinander verbunden worden waren. Ein Prägesymbol in Form einer kleinen Kegelrobbe fand sich auf dem flacheren Endstück. "Das ist der Armreif meiner Ottajasko, er wird nur den Mitgliedern der Schiffsgemeinschaft übergeben. Die Leute, die einen gleichen davon tragen, sind wie meine Famile. Für mich wirst du immer Teil davon sein und mir wäre es eine Ehre, wenn du ihn tragen würdest auf deinen Reisen. Er wird dir - sollten dich deine Wege warum auch immer jemals dorthin verschlagen - auch in Thorwal Tür und Tor öffnen."

Nachdenklich betrachtete er den silbernen Armreif, die fein gearbeiteten Linien in dem weichen Metall und die aufwendig gearbeiteten Köpfe an den zwei Enden des Reifs. Im ersten Moment hatte er ablehnen wollen, schien ihm dieses Geschenk doch zu persönlich und zu wertvoll, doch der Blick in Sveas Augen belehrte ihn eines besseren. "Ich werde dir den hier zurückbringen", meinte er und hob das Schmuckstück hoch. "Wenn wir uns wiedersehen, wenn all das geschafft und Borbarad besiegt ist, verstanden?"

"Ich verlasse mich darauf, Zajido", erwiderte Svea und ihr Lächeln war weich. Eine leise Stimme in ihrem Kopf schallt sie eine Närrin, auf ein glückliches Ende zu hoffen und sie würde es nicht laut aussprechen, aber sie wünschte es sich für sie alle. Langsam stand sie auf und schloss den anderen in die Arme. Ihre Stimme war leise und heiser, als sie hinzufügte: "Möge Swafnir mit dir sein. Du wärst seiner Dienerschaft würdig, mutige, verrückte Kämpfernatur, die du bist. Verlier dir das nicht."

"Vergiss nie wer du bist, mögen Rur und Gror dir beistehen." Erwiderte er und umarmte auch die hochgewachsene Frau. "Und damit ihr auch unbeschadet zum Ende von all dem kommt, habe ich noch etwas für euch", er löste sich schließlich aus der Umarmung und zog eine kleine Kiste, die erstaunlich aufwendig gearbeitet und Innen ausgepolstert war heraus. Darin glänzten zehn Flasche einer schimmernden Flüssigkeit, die Behältnisse, an den Seiten mit Metall und Bast verstärkt, waren aufwendig gearbeitet fast überall mit tulamidischen Ornamenten versehen. Doch noch etwas lag darin - das Rufhorn des Drachen, dass er bis dato mit sich geführt, glücklicherweise aber noch nie benötigt hatte. "Wir wissen beide das die Gruppe ein wenig Heilung gut gebrauchen kann. Zumal du jetzt meine Rolle übernehmen musst." Er lachte. "Jemand muss schließlich etwas kreativer im Kampf sein."

"Du bist ... verrückt", kam es aus Sveas Mund, nachdem sie ihn mehrere Male dämlich geöffnet und geschlossen hatte. "Und wer kümmert sich um dich und deine Verletzungen, wenn du alleine losziehst? Soweit ich weiß gibt es noch keinen Weg der Fernheilung!"

"Das lass meine Sorge sein", antwortete er schmunzelnd. "Ich habe das Gefühl wenn ich allein losziehe werde ich nicht ansatzweise so vielen, haushohen Dämonen begegnen wie zuvor."

Da konnte Svea nicht einmal widersprechen. "Lass uns hin und wieder mit den Steinen wissen, wie es dir geht. Und zögere nicht, uns zu Hilfe zu rufen."