Schatten im Zwielicht - Zwischen Auftrag eins und zwei

"Du bist Experte für alles echsische, Salpikon. Sonst hätte Calenleya während Maraskan nicht so unsagbar viele Notizen gemacht, von denen später nie wieder die Rede war und du kennst die Zeichen. Wir brauchen einen abgesicherten Rahmen, in dem wir mit den Zeichen arbeiten können - einen, in dem wir nicht Gefahr laufen, dass etwas aus dem Ruder gerät und in dem wir eine Option haben, den Träger wieder zurück zu holen", stimmte Rena mit einem kurzen Nicken zu.
"Was kannst du uns zu Sveas Zeichen sagen? Du hast vorhin schon deutlich gemacht, dass du darüber mehr weißt als du bislang zugegeben hast."

"Ich könnte euch wahrscheinlich wirklich einen neuen Übungsraum bereitstellen indem ihr eure Fähigkeiten nutzen könnt - dies sollte aber im Geheimen und in den Kellern der Akademie geschehen. Ich wäre auch durchaus bereit die Zeichen selbst zu analysieren um womöglich mehr über ihre Ursprünge und ihre Wirkungsweise herausfinden. Dafür müsstet ihr jedoch bereit sein euch mir vollkommen zu öffnen," erklärte er leise und stand vor einem der großen Monolithen echsischer Herkunft. "Calenleya hat ihr Zeichen vollkommen unter Kontrolle und es ergründet - das erste Zeichen ist euch zwar wohl bereits sehr bekannt, aber nicht unter Kontrolle. Das dritte Zeichen gibt euch wohl am meisten Rätsel auf, wenngleich auch das vierte Zeichen bisher nicht sonderlich genutzt wurde..."

"Was kannst du uns darüber sagen, ehe wir es nutzen? Besseres Verständnis führt zu besseren Ergebnissen."

"Ich habe Ahnungen - jedoch teile ich Ahnungen nur sehr ungern, da sie - so sie sich als falsch erweisen - nur Unheil bringen. Allerdings hattet ihr einst etwas in eurem Besitz, dass mir Helfen könnte Aufklärung zu betreiben und das in euren Händen selbst nutzlos ist, da ihr die Sprache nicht versteht. Calenleya erzählte mir von einem alten Buch, dass ihr in der Weidener Wüstenei in den Hinterlassenschaften einer Tsa-Priesterin fandet..." er rieb sich das Kinn. "Es befand sich einst im Besitz des Liscom von Fasar, der es an die Tsa-Geweihte weitergab, die in ihrer Unwissenheit das Ankommen der Bethaniers vorbereitete. Dieses uch - das Liber Zhamorricam per Satinav - nahm damals Ediona an sich, doch es scheint nicht mehr in ihrem Besitz zu sein. Meine Leute fanden es weder in ihren Sachen, noch in dem Karren den das Pony bei sich hatte, als wir eure Tiere hierher brachten."

"Und wo ist es jetzt?", hakte Svea mit verschränkten Armen nach und lehnte sich an die Wand, Rena kurz musternd, dann Salpikon. "Wenn du schon so betonst, dass es einst bei uns war - muss es das ja scheinbar noch sein. Und warum durchsucht ihr unsere Sachen? Sollte das ein Zeichen von 'natürlich vertrauen wir euch' sein?" Sie hob die Hand und schüttelte den Kopf. "Nein, antworte gar nicht erst darauf, Salpikon, das ist vielleicht besser. Jedenfalls nicht auf den zweiten Teil. Und ganz im Ernst ... wehe, wenn unsere Sachen oder wir ab heute ohne unser Wissen weiterhin durchsucht werden."

Rena hob die Augenbrauen und schrägte den Kopf an, betrachtete Salpikon noch einmal mit festem Blick. Sie hatten also Edionas Sachen durchsucht, ihrer aller Sachen durchsucht und für einen Moment lang war sie dankbar dafür, dass sie einen großen Teil ihres Hab und Guts in Havena in Sicherheit gebracht hatte.
"Dann scheinen sie wohl nicht besonders aufmerksam unsere Sachen durchwühlt zu haben", antwortete sie schließlich lediglich kopfschüttelnd. "Salpikon, wir sollten eindeutig noch einmal über einige Angelegenheiten miteinander sprechen - unter anderem über die Ausbildung deiner Leute. Ich habe das Buch, genauso wie einige weitere Aufzeichnungen - zum Beispiel jene von Abu Terfas über die Beschwörungen des Großen Schwarms."

"Ich habe genau gesagt nur Edionas Sachen durchsuchen lassen - denn sie sollte es ja haben. Ich hätte es als unhöflich empfunden die Sachen von jedem einzelnen zu durchsuchen", versuchte er zu erklären. "Ich sehe ein, dass dies etwas ist, dass ich bei nächster Gelegenheit nicht mehr tun lassen sollte" er nickte, so verständnisvoll wie er konnte.
"Wäret ihr bereit mir diese Aufzeichnungen zu überlassen? Ich könnte damit sicherlich mehr gutes vollbringen als ihr, ohne dies despiektierlich zu meinen!"

"Es ist gemäß meinen Informationen ein Buch über echsische Zeitmagie. Mit der Zeit und Satinav sollte man nicht spielen."

"Ich neige nicht zum Glücksspiel. Ich bin mehr der Mathematiker," erwiderte Savertin. "Und als solcher sage ich - 500 Dukaten."

Er wollte dieses Buch wirklich dringend haben, wenn sie sein Startangebot so betrachtete, wie es unsichtbar im Raum stand. Mit 500 Dukaten würde sie wenig anfangen können - nicht, wenn ein großer Teil zurück nach Havena gehen sollte, damit Leonore versorgt war und ihre Ausbildung bezahlt werden konnte, nicht, wenn ein Teil ihrem Gott geopfert werden sollte und erst recht nicht, wenn sie mit dem Rest auch noch 6 andere versorgen sollte.
"Es sind empfindliche Themen, Salpikon, und du hast bereits ein Buch von Calenleya von unseren Reisen erhalten, nicht wahr?"

"Das waren Geschenke," erwiderte Savertin mit einer wegwerfenden Geste. "Und bei mir sind derlei empfindliche Themen bestens aufgehoben - zudem bin ich der einzige, der dieses Buch wahrlich sicher verwahren kann!"

"Alternativ gebe ich es dem Hüterorden der Praioskirche und du siehst dieses Buch nie wieder."

Svea richtete ihren Blick nach unten auf ihre Fingernägel und grinste in ihren nicht vorhandenen Bart. Ja, da war die Rena, die sie kannte, wieder. "Ich würde nicht zu lange zögern. Sie hat das Buch schon anderen abgenommen und sie sahen es nie wieder."

"Siebenhunderfünfzig," erwiderte Savertin dann, bewegte dabei jedoch keine Miene.

"Ich kontaktiere dann wohl Ucurian Jago."

Savertin seufzte schwer. "Wie es dieser wohl ansehen würde, dass ihr euch mit einem Schwarzmagier einlasst?" fragte er leise und beugte sich nach vorne. "Ich komme dir entgegen - 800. Schließlich wollt ihr auch noch, dass ich das Buch für euch durcharbeite und euch die Informationen zugänglich mache."

"Darum würde ich mir keine Sorgen machen. Ich bin mit einigen Befugnissen ausgestattet worden und die Praioskirche hat bereits meinen Geist durchsucht. Sie haben mir ihr Vertrauen ausgesprochen", erwiderte sie mit einem simplen Schulterzucken. "Wir stehen auf derselben Seite."

"Das war keine Antwort auf mein Angebot - ich habe darin natürlich freundlicherweise bereits meine Hilfe eingepreist!"

"Das Buch ist außerhalb deiner Reichweite und wenn ich unsere Hilfe für deine Missionen einpreise, dann landen wir bei dem Vierfachen des bislang angegebenen Preises."

Savertin schüttelte den Kopf erneut. "Das Vierfache ist lächerlich - und das weißt du genauso gut wie ich. Aber gut.. eintausend Dukaten!" er warf einen Blick auf Rena. "Und das ist mehr als Großzügig!"

"Ist es das? Wir haben Ausgaben zu decken und ich habe eine Familie zu versorgen und ein nicht geringer Teil wird meinem Herrn geopfert denn Geschäft ist immerhin Geschäft, Salpikon."

"Eintausendeinhundert - wenn du ein Zehntel deinem Gott spendest, dann kommst du bei fast 900 Dukaten am Ende raus. Dafür müsste ein Bauer neunhundert Jahre lang arbeiten und zurücklegen. Du willst doch nicht gierig werden?"

"Und weil ich eben nicht gierig werden möchte, werde ich auf dieses Geschäft verzichten und mich zurückziehen, um zu beten. Es tut mir leid, Salpikon, aber unter diesen Umständen ist es besser, wenn dieses wertvolle Gut aus meinen Händen gegeben wird und an jene Geweihte gegeben wird, die sich nichts aus Geld und Dukaten machen. So lernen wir beide den Verzicht."

"Du wärst bereit Svea das Wissen über ihr Zeichen - das ihr Gedeih und Verderb sein könnte - zu verwehren, weil du der Vorstellung eines imaginären..." er verstummte. "Eintausenddreihundert Dukaten."

"Dann sind wir also wieder am Anfang? Ich dachte, das hätten wir unabhängig von dieser Verhandlung schon geklärt?", kam Svea dazwischen und zog die Augenbrauen hoch. "Das kannst du eigentlich in gar keine Verhandlung mehr einbringen, wenn du nicht deine eigenen Worte Lügen strafen willst."